Sizilien erfahren….

Teil 1 – Palermo

Es ist Mitte Oktober und mir eröffnet sich die Möglichkeit einige Tage auf der geschichtsträchtigen und abwechslungsreichen Insel an der südlichen Spitze Italiens, Sizilien zu verbringen.

Für eine Kulturreise, obwohl die Insel unglaublich viel Geschichte bieten kann, ist die Zeit natürlich viel zu wenig und die Tage um die Jahreszeit viel zu kurz. Am ersten Tag erkunde ich ein wenig die größte und bekannteste Stadt der Insel, Palermo. Selbstverständlich kann man die Stadt an einem Tag nicht tiefgründig erkunden. Daher beschränke ich mich auf die Altstadt und erkunde einige bekannte Sehenswürdigkeiten.

Wegen Corona sind Besuche der meisten Sehenswürdigkeiten beschränkt oder nur deren äußere Besichtigung möglich. Selbst die meisten Restaurants sind geschlossen. Gut, zugegeben bin ich so oder so ein Kulturbanause, der sich in erster Linie mit großer Freude nur an der Architektur des vergangenen Zeitalters ergötzen kann. Vorzügliche religiöse Bauten aller Konfessionen aus jeglicher Zeit.

Da die Katakomben der Kapuzinergruft auch geschlossen sind, müssen die alte Herrschaften da unten noch ein wenig auf mich warten. Aber die paar Jahre machen Ihnen auch nichts mehr aus ….Nach einem ausgiebigen Spaziergang laufe ich an der Porta Sant’Agata vorbei zu Parco d’Orleans. Von dort bin ich gleich an der Palazzo Reale, heute Sitz des Parlaments von Sizilien, an der Porta Nuova und am Monumento a Filippo V.

Ab Oktober beginnt die Regenzeit auf Sizilien, was sich heute mit gelegentlichen aber starken Schauern bemerkbar macht. So eine Palme hält schon einiges an Regen ab und ich warte unter ihr das Ende des Regens ab, was die erhellende Sonne bald ankündigt. Sobald die Drohung von oben nass zu werden schwindet, mache ich mich auf den Weg zu der Kathedrale von Palermo, die in der jetzigen Form im XII. Jahrhundert erbaut wurde und in der auch Gräber des Adelgeschlechts der Staufer befinden.Nach Besichtigung der Fontana Pretoria gehe ich weiter über den Platz Quattro Canti in Richtung Teatro Massimo, ein Opernhaus aus dem zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts, was ich wegen einer Veranstaltung nur aus der Ferne betrachten kann.

Anschließend trete ich den Rückzug durch die Altstadt Palermos langsam schlendernd vorbei an der Ponte dell’Ammiraglio, eine Brücke auch aus dem XII. Jahrhundert, die früher über einen Seitenarm des Flusses Oreto, heute trockengelegt, spannte. Und für die nächsten 3 Tage werde ich ein Motorrad in Palermo anmieten und damit die Insel ein wenig erfahren. Aber dazu demnächst mehr im Teil 2 …..

Teil 2 – Inseltour

Wunderbar – ich schaue heute Morgen aus dem Fenster und es regnet. Na gut, ich habe Regenklamotten zum Glück auch dabei. Sachen packen und ab quer durch die Stadt zum Motorradvermieter SicilyMotoRent (www.sicilymotorent.it). Mit Nicola hatte ich spontan schon vor zwei Tagen Kontakt per Email aufgenommen und wahrscheinlich bedingt durch die Jahreszeit ohne Probleme das gewünschte Motorrad kurzfristig reservieren bzw. anmieten können. Mein Wahl fällt auf eine Honda CB500, etwas in die Jahre gekommen aber augenscheinlich in gepflegtem und technisch gutem Zustand. Später stellt sich jedoch heraus, dass der Bremshebel des Vorderrades schon etwas ausgeleiert ist und dadurch die Bremse sich schwer feindosieren lässt. Warum die Honda? Ich will nicht rasen, nur die Insel etwas anschauen und nicht irgendwelche unbefestigte Straßen fahren. Da lasse ich aber die „sizilianische Verhältnisse“ etwas außer Acht, wie sich später herausstellt. Alles läuft sehr professionell ab und ich bin nach kürzester Zeit schon auf dem Weg aus der Stadt in Richtung Süden.

Mein grober Plan ist die Ruinen von Poggioreale, ein Ort der bei einem Erdbeben 1968 zerstört und von den Bewohnern verlassen wurde, zu besichtigen. Von dort über Nebenstraßen quer durch die Insel auf den Ätna, Europas höchste aktive Vulkan und von dort kreuz und quer über die Nebrodi-Berge bzw. Nationalpark zurück nach Palermo zu fahren.

Ich nehme die Schnellstraße aus der Stadt und stelle fest je weiter ich an Höhe gewinne und das Wetter schlechter wird, umso mehr wird es kälter. Dazu kommt ein starker Wind, was die nächsten drei Tage mich auch bei gutem Wetter begleiten wird.

Definitiv stellte ich vor der Tour die Straßen auf Sizilien etwas anders vor. Auf jeden Fall in besserem Zustand. Sobald ich von der Schnellstraße herunterfahre, ändern sich die Verhältnisse. Durch Erdbeben, Erosion und Misswirtschaft sind die Straßen stellenweise nur noch Feldwege. An einer Stelle dann doch so schlimm, dass ich mich für das Zurückfahren und ein Umweg entscheide. Ich möchte nicht mit dem Mietmotorrad durch ein mindestens halbe Meter tiefen Schlammloch fahren. Jetzt fange ich an zu bereuen nicht die Beta Alp genommen zu haben. Nun ist es schon zu spät und beschließe möglichst Hauptstraßen zu fahren.

Leider ist der Ort Poggioreale abgesperrt, ein Zutritt nicht ohne Weiteres möglich. So fahre ich einmal um die Ortschaft herum und schaue sie mir aus der Entfernung an. Unglaublich die Zerstörung durch reine Naturgewalt.
Das Hinterland ist sehr von Land- und Viehwirtschaft geprägt und die einfache Verhältnisse werden immer deutlicher.

Mein Weg führt weiter nach Corleone, die berüchtigte Maffia-Stadt. Mit der Gedanke im Kopf, erscheint die Stadt mit ihren nahezu leeren Straßen und den ernsten Gesichter ihrer wenigen Bewohner auf der Straße, schon fast düster. Bis ich eine überaus überraschende Begegnung in einer Osteria mache. Ich habe das Gefühl eine Nebenrolle im Film „Der Pate“ gerade eingenommen zu haben. Der „Pate“ des Lokals spricht jedoch ein wenig deutsch und so entwickelt sich in kurzer Zeit eine freundschaftliche Atmosphäre. Wie so oft, alles ist nur reine Kopfsache.

Da ich ich jetzt bevorzugt Hauptstraßen fahre, schlängele ich genussvoll von West nach Ost über meist gute und kurvige Straßen, vorbei an malerischen Orte und überwältigenden Landschaftsbilder in Richtung Ätna, den ich am nächsten Tag nach einer Übernachtung in der Villa Assunta (Agriturismo Villa Assunta) und der Besuch eines kanadischen Soldatenfriedhofs aus dem 2. WK, erreiche. Weil ich schon in Zeitverzug bin, reicht mir die Zeit nicht mehr für eine Gipfeltour. Dafür sollte man schon einen halben Tag einplanen. So genieße ich auf der Terasse der Rifugio Sapienza die herrliche Aussicht bei einem Pizzastück und Kaffee. Herz, was willst du mehr?

Ab hier geht es dann weiter mit Ziel Palermo. Natürlich nicht auf dem direktem Weg. Ich schraube mich gewindeförmige vom Ätna hinunter in Richtung der Nebrodi Berge,die ich zuerst nach Norden über die SS289 überquere um an der Küste in der Pension La Valle degli Ulivi (http://www.agriturismolavalledegliulivi.it/) zu übernachten. Am nächsten Tag nehme ich die SP168 unter die Räder, um mit einer atemberaubender Aussicht auf die Nordküste Siziliens nach Nicosia zu gelangen. Und die ganze Zeit begleiten mich die schwarze Schweine von Nebrodi. Sehen aus wie Wildschweine, sind sie aber nicht. Ihr Fleisch gilt als Delikatesse. Von dort geht es dann über den Parco delle Madonie, SP54-Passo Lento, wieder an die Küste im Norden. Teilweise über die Strecke der Targa Florio, eine frühere Rennstrecke auf öffentlichen Bergstraßen in Sizilien.

Angekommen in Palermo, gebe ich das Motorrad zurück und lasse bei einem Glas Rotwein die Eindrücke der letzten Tage auf mich wirken.


Sizilien, ich komme wieder! Ciao